Klassische Panoramen und Bilder aus der Cottbuser Stadtgeschichte


Devastierung des Cottbuser Ortsteils Lakoma zugunsten des Tagebaus Cottbus-Nord


Historische Vorgescichte

Geschichtliche Daten aus dem Cottbuser Ortsteil Lakoma sind rar und oft nicht sicher belegt. Die Ersterwähnung soll 1337 in Verbindung mit der "Alten Poststraße" erfolgt sein. Lakoma war damls noch ein eigenständiges und eher unbedeutenden Dorf. Im Einzugsgebiet der Spree gelegen, war die Gegend sehr Gewässer-reich, was in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zur Kultivierung der Lakomaer Teichlandschaft für die Fischzucht führte. Oft wird berichtet, das die in der Gegend ansässige Franziskaner Mönche die Fischteiche und den Hammergraben anlegten, wobei der sichere Nachweis nicht erbracht werden konnte. Paralell entstand der 1450 errichtete Hammergraben. Bei der Anlage der Fischteiche wurde das Rasen-Eisenerz (wieder-)entdeckt. Im benchbarten Peitz (damals noch bedeutender als Cottbus) wurde das Erz in dem 1550 gegründeten Eisenhütttenwerk Peitz, verarbeitet. Das Raseneisenerz aus der Region wurde zu Guss- und Schmiedeeisen verarbeitete, aus denen neben Haushalts- und Ackergeräten auch Kanonenkugeln für die brandenburgisch-preußische Armee hergestellt wurden. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges hatte Lakoma unter Truppeneinquartierungen (1626, 1631 und 1640), Plünderungen und Hungersnot zu leiden. Die Einwohnerzahlen entwikelten sich laut Wikipedia wie Folgt: Im Jahr 1850 hatte das Dorf 88 Einwohner, 1945 etwa 200 Einwohner und 1964 180 Einwohner. Im Jahr 1850 waren alle Einwohner Sorben. 1963 sprachen noch rund 63 % der Einwohner niedersorbisch.

Einwohner Lakoma

Der devastierte Cottbuser Ortsteil Lakoma mit seinem schützenswerten Teichgebiet etwa um 1992 mit eingezeichneter Lage der fotografischen Arbeiten

Bild oben: Detaillierte Handskizze von Lakoma und der Lakomaer Teichlandschaft mit den Standorten der Panoramen und Luftaufnahmen. Die Skizze ist vectorisiert erstellt worden und ist damit ohne Qualitätsverluste skalierbar. Mein besonderer Dank bei die Erstellung der Karte gilt René Schuster von der Grünen Liga Cottbus, der mich bei der Erfassung der alten Flur-Namen wesentlich und uneigennützig unterstützte.

Rundgang mit Lakoma e.V. im Jahre 2005

Lesung in der Gaststätte von Lakoma

Winterliche Lakomaer Teichlandschaft

Das Aus von Lakoma - die Chronik:

1968
Die Lakomaer Teichlandschaft wurde als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen
1974 bis 1983
Die im gleichen Tagebaufeld Cottbus-Nord befindlichen Orte Tranitz, Groß- und Klein-Lieskow wurden umgesiedelt und devastiert.
1975
Die Entwässerungsarbeiten für den zukünftigen Tagebau begannen
1978
Beginn der Aufschlussbaggerung für den Tagebau.
1983
Die erste Kohele wurde aus dem Tagebau Cottbus-Nord gefördert
März 1983
Den rund 150 EinwohnerInnen wurde bekannt gegeben, dass der Ort Lacoma dem Braunkohletagebau Cottbus-Nord weichen soll.
1992
Die leer stehenden Gehöfte des Dorfes wurden von UmweltschützerInnen und AbiturientInnen aus Cottbus besetzt und mit neuem Leben gefüllt.

Die Jugend besetzt Lakoma.

28.04.1993
Gründung des Lacoma e.V. Ziel war die Legalisierung der Besetzungen in Lacoma. Der Verein verpflichtete sich u.a. zu kultureller Arbeit, Förderung der erneuerbaren Energien und dem Erhalt der sorbisch/wendischen Identität.
23.09.1993
Der Braunkohleausschuss des Landes Brandenburg verabschiedete den Braunkohleplan Cottbus-Nord. Die Lacomaer Teiche sollen dem Tagebau weichen.
16.12.2003
Das Brandenburgische Kabinett beschloß die Meldung der Lacomaer Teiche mit Hammergraben als besonders schützenswertes europäisches Fauna-Flora-Habitat-Gebiet nach Brüssel
1994
Der Verein erhielt Zwischennutzungsverträge durch die Stadt Cottbus, die Besetzungen wurden legalisiert.
2000
Der Braunkohleplan für den Tagebau Cottbus-Nord wurde wegen juristischer Mängel für ungültig erklärt.
01.10.2003
Der beliebte Treffpnkt Kulturscheune des Ortes Lacoma und weitere Häuser sollten abgerissen werden. Mehr als 200 AktivistInnen besetzten die Dächer der Kulturscheune und anderer Häuser und verhinderten vorerst diese Maßnahmen.
07.10.2003
ROBIN WOOD-AktivistInnen protestierten mit dem Transparent "Kultur statt Kohle - Lacoma statt Vattenfall" über der Bundesstraße bei Lacoma.

Das letzte Sommerfest in der Kulturscheune

historische Plakate zum Lakomaer Straßenfest

Einige Plakate zu den Straßenfesten/Lakoma-Festen aus der Widerstandszeit vor 2005. (Qelle: Sammlung R. Schuster)

16.10.2003
Die BesetzerInnen wurden gewaltsam von den Dächern geholt und die Kulturscheune nachfolgemd sofort abgerissen.
16.12.2003
Das Brandenburgische Kabinett beschloss die Meldung der Lacomaer Teiche mit Hammergraben als besonders schützenswertes europäisches Fauna-Flora-Habitat-Gebiet nach Brüssel
19.12.2003
ROBIN WOOD-AktivistInnen protestierten vor der Vattenfall-Zentrale in Berlin gegen den Braunkohletagebau und die geplante Zerstörung der Lacomaer Teiche.
19.02.2004
Zwei BewohnerInnen des Dorfes Lacoma traten in den unbefristeten Hungerstreik.Vattenfall beantwortete den Hungerstreik einen Tag später mit weiteren Abrissen in Lacoma.
01.04.2004
"So viel Natur für so wenig Kohle? - Rettet Lacoma! Energiewende jetzt!" stand auf dem Transparent, mit dem sich ROBIN WOOD-AktivistInnen von der Berliner Vattenfall-Zentrale nach dem Ende des Hungerstreiks (41 Tage) abseilten.

Die etwas andeeren Besetzer.

20.04.2004
In Cottbus protestierten ROBIN WOOD und GRÜNE LIGA bei der Neueröffnung der dortigen Vattenfall-Zentrale unter dem Motto "Vattenfall kommt - Lacoma bleibt! Neue Energien nutzen".
29.12.2004
In einem offenen Brief fordertenn Cottbuser Prominente Vattenfall auf, einen Stopp des Tagebaus sozialverträglich vorzubereiten.
20.04.2005
ROBIN WOOD und die "Freunde von Lacoma" wandten sich mit Protesten und einem offenen Brief direkt an die schwedische Regierung. Sie entrollten vor der schwedische Botschaft in Berlin Transparente mit den Aufschriften: "Keine neuen Kohlelöcher - Rettet die Teichlandschaft von Lacoma" und "Vattenfall - Als Klimakiller top, im Umweltschutz ein Flop".
06.10.2005
Um Baumfällungen am Hammergraben zu verhindern, besetzen drei AktivistInnen von ROBIN WOOD Bäume am Hammergraben.
12.10.2005
ROBIN WOOD-AktivistInnen protestierten in der Innenstadt von Stockholm gegen den Braunkohletagebau und die Braunkohleverstromung in der Lausitz durch den schwedischen Staatskonzern Vattenfall.
18.10.2005
Die Baumbesetzung wurde durch die Brandenburger Polizei und die Werksfeuerwehr von Vattenfall geräumt.
21.10.2005
Die letzten, bereits nicht mehr bewohnten Häuser im geplanten Abbaubereich wurden abgerissen.
Januar 2006
Brüssel gab grünes Licht für Abbaggerung de Lakomaer Teiche / Spreeauen-Renaturierung als Ausgleich akzeptiert / Bescheid 2006 möglich. Die EU-Kommission hatte den Weg für die Bagger freigemacht. Die geplante Renaturierung von 280 Hektar Spreeaue wurde von Brüssel als Ausgleich akzeptiert. (ausführlicher Bericht von Simone Wendler in der Lausitzer Rundschau vom 27.11.2006, Seite 3)
01.03.2006
ROBIN WOOD-AktivistInnen protestieren anlässlich der Vattenfall-Hauptversammlung in Berlin und fordern die BerlinerInnen auf, dem Konzern die Rote Karte zu zeigen und zu einem Ökostromanbieter zu wechseln.
24.04.2006
Um auch weiterhin den Druck auf Schwedens Regierung aufrecht zu erhalten, wird erneut in Stockholm bei der Vattenfall-Versammlung protestiert. ROBIN WOODAktivistInnen entrollen in zehn Metern Höhe ein Transparent mit der Aufschrift: "Dreckige Energie hat einen Namen: Vattenfall! Für sauberen Strom ohne Kohle und Atom".
Juli 2006
Das Brandenburger Kabinett beschließt erneut einen Braunkohleplan Cottbus-Nord.

Tagebau Cottbus-Nord vor Lakoma

07.08.2006
Die Umweltorganisationen ROBIN WOOD, BUND, NABU und die GRÜNE LIGA wenden sich mit einem offenen Brief an die Europäischen Union und fordern den Erhalt der Lacomaer Teiche.
02.11.2006
Die Organisationen ROBIN WOOD, BUND und GRÜNE LIGA übergaben der brandenburgischen Landesregierung eine Resolution gegen die geplante Abbaggerung der Lacomaer Teiche.
18.12.2006
Durch das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe erging der Beschluss zur Beseitigung der Lacomaer Teiche für den Braunkohletagebau. Dagegen klagte die GRÜNE LIGA und wurde dabei von ROBIN WOOD, NABU, BUND und den Naturfreunden Brandenburg unterstützt.
14.09.2007
Die Grüne Liga gab den Kampf um die Lakomaer Teiche auf. Der Energiekonzern Vattenfall baggerte das Schutzgebiet von Oktober an ab.

Grüne Liga gibt nach langem Kampf Lakoma auf...

Sommerfest in Lakoma im Juni 2003

In den letzten Jahren von Lakoma waren die ursprünglichen Bewohner mehrheitlich nach Cottbus-Willmersdorf umgesiedelt worden. Der frei werdende Wohnraum wurde zwischzeitlich von alternativen Projekten, Aussteigern und Kulturprojekten genutzt. Legendär waren die Sommerfeste. Hochwertige Lesungen (u.a. Juri Koch, Udo Tiffert) wechselten sich mit einzigartigen Konzerten ab und zog überregional grün denkende junge Menschen und Kulturinteressierte an. In diesem Flair wurde die Klima-Zukunft diskutiert, die heute ganz langsam Konturen annimmt. Greta Thunberg war schon hier, noch bevor sie geboren war und manches neue Welbild wurde hier erschaffen.

Blick auf den Cottbuser Stadtteil Lakoma (unten rechts) und den Lakomaer Teichen, die zwischen 1995 und 1997 dem Tagebau Cottbus-Nord (oben rechts) zum Opfer fielen

...ohne Worte...

Lakoma als Wüstung


Lakoma und die Medien

Vor 1989 war das Thema so gut wie tabu. Die Notwendigkeit der Kohleindustrie wurde aus Mangel anderer Energieträger nicht in Frage gestellt. Zudem hatten weit mehr Menschen als es heute (2020) der Fall ist, ein gutes Auskommen und ihre Arbeit wurde hoch geachtet. Der Bezirk Cottbus wurde ob seiner Schlüsselstellung in der Wirtschaft besser als ananderen Orten versorgt und die Menschen waren mehrheitlich zufrieden. Luftwerte, Schadstoffe im Wasser, Beeinträchtigungen durch die Tagebaue und Vernachlässigung des Naturschutzes schienen bei den Meisten tolerierbar. Das ist übrigens auch ein Grund, warum die friedliche Revolution 1989 hier später losging, als in anderen Bezirken der Republik. Nur wenige Bürger erkannten die wachsende Gefahr und relativ Wenige wurden durch die Umsiedlugen wegen der Tagebaue direkt betroffen. Das änderte sich langsam, als 1989 Energie-Alternativen zur Verfügung standen und gleichzeitig Beschäftigte in Größenordnungen im Energiesektor ihre Arbeit verloren. Zeitungen, Fernsehsender, das noch junge Inetrnet und Radio erlebten in den Nachwendejahren eine Renaissance, die aber sehr schnell den Gestzen des "Marktes" unterworfen wurden. Vor allem Zeitungen schrumpften in den Auflagen und waren nur überlebensfähig, wenn genügend Inserate vor allem an die Großindustrie verkauft wurden (und/oder wen die Flucht ins Internet gelang). Das Dilemma: die Lausitz befand sich mitten in der Deindustrialisierung. Es gab immer weniger Werbekunden und von den Wenigen die es gab, machte sich vor allem die größte regionale Zeitung mehr oder weniger abhängig. Im Falle der Niederlausitzer Region ging die Beinflussung sogar so weit, das es kaum eine größere Sportveranstaltung, dieverse Kulturhöhepunkte oder (genehme) Initiativen gab, die nicht von LAUBAG, Vattenfall oder (später) Leag gesponsert wurden. Die Region war fest im Griff der Energie-Riesen und jeder hütete sich, genauer nach zu fragen und auf das Sponsoring zu verzichten. In Zeitungen las man überwiegend Artikel die pro Vatenfall waren. Natürlich waren auch unverfängliche Artikel über das eine oder andere Fest in Lakoma zu finden, aber Grundsatz-Diskussionen für Alternativen jenseits der Braunkohle waren weitestgehend tabu. Inmitten diesem Spannungsfeldes meldete sich auf ungewühnliche Weise eine Frau aus Lakoma an die Zeitung. Es ging da ursprünglich über ein Zerrbild-Bericht der Südeutschen Zeitung über Cottbus, hatte aber auch die Berichterstattung über Lakoma im Blick:

Brief aus Lakoma

Gedenkorte für Lakoma

Lakoma gibt es schon lange nicht mehr. Zukünftig wird der Ort wohl eher Lakomaer Strand heißen, angesichts des sich füllenden Cottbuser Ostsees. Die Medien berichten nur noch zu geschichtlichen Jubiläen sporadisch und knapp über das sorbische Dorf. Die Website lakoma.de ist längst abgeschaltet und im digitalen Nirwana entschwunden. Gerade deshalb soll man auf die letzten Gedenkorte zum Thema hinweisen. Zum einem ist es der Cottbuser Ortsteil Willmersdorf etwa (300m entfernt von der alten Ortslage) wohin die Mehrheit der Lakomaer schon zu DDR-Zeiten umgesiedelt wurden. Zum Zweiten ist an der Fernverkehrsstraße bei Lakoma immer noch der Friedhof der verschwundenen Orte erhalten geblieben, auf dem für jeden devastierten Ort der Niederlausitz ein Holzkreuz aufgestellt wurde - auch für Lakoma. Als Drittes Beispiel sei das "Archiv der verschwundenen Orte" gennant, das im jüngsten Ortteil von Forst (Lausitz) entstand: in Neu-Hornow. Hornow? Ja genau, jenes denkmalgeschützte Dorf, welches dem benachbarten Tagebau Jänschwalde zum Opfer fiel.
Das älteste Mahnmal für Lakoma (aber auch Mahnmal für den Umbruch in der Lausitz) befindet sich an der B169 bei der Ortschaft Leuthen, etwa 10 km südlich von Cottbus, ein mannshoher Schriftzug "Lakoma" auf einer freien Wiese. Dieser wurde 1993 von der Absolventin der Hochschule der Künste in Berlin, Annett Glöckner, als Meisterstück am Ende ihres Studiums geschaffen. Damals hatten sicher wenige verstanden warum so viel Arbeit, Geld und Unterstützung zu dieser Zeit und an diesem ungewöhnlichen Ort "verprasst" wurden. 1993 war noch nicht einmal klar, ob Lakoma nicht doch weiter bestehen kann. Dann der ungewöhnliche Aufstellungsort... sehr weit weg zum tatsächlichen Bezug Lakoma. Für mich und für viele Andere war das damals nicht stimmig.
Heute jedoch, 3 Jahrzehnte nach Planung und Aufstellung des Schriftzuges, ist dieser ein Schwergewicht öffentlicher Kunst geworden. Die Signalkraft von heute hatte Annett Glöckner damals in ihrer ganzen, vielfältigen Aussage bestimmt nicht so komplett auf dem Schirm, oder wie damals ihr betreuender Professor sagte: (Zitat Glöckner) "...dass ich ein Denkmal geschaffen habe. Ich tat das ab, glaubte nicht, dass jemand wirklich Hand anlegt an Lacoma und seine Umgebung. Aber so ist es gekommen." Es geht noch weiter. Man nehme mal einen riesigen Zirkel und ziehe um das Mahnmal einen Kreis mit einem Radius von 60 km. Mit einem Schlag hat man das gesamte Niederlausitzer Braunkohle-Revier erfasst, einschließlich der Alt-Tagebaue und der Kohle verschlingenden Kraftwerke, Brikett-Pressereien und Kohle-Vergaser. Glücklicher Zufall? Sicher, der Standort ist auch vom Erwerb der Stellfläche oder den Baugenehmigungen abhängig. Das es aber so gekommen ist, macht ein sehr großes Fenster zu dem Themen unserer Zeit auf. Der Struckturwandel begann definitiv schon damals. Der Bergbau und Energiebetreiber Laubag (Lausitzer Bergbau AG) stand kurz vor der Übernahme von Vattenfall, mit kräftiger Unterstützung der Treuhand und schrumpfte sich attraktiv, sprich baute viele Arbeitsplätze ab. Es begannen die 90`er Frustjahre, in denen die Menschen der Region erkannten, das die "blühenden Landschaften" (Helmut Kohl) nur marginal in der Lausitz entstehen würden. Statt dessen kämpften nicht wenige Lausitzer Familien um ihre Existenz, suchten nach Orientierung in ihrer sich schnell verändernden Heimat. Annett Glöckner über ihre Helfer: "Die kreativen Männer der Baggerbrigade sind wichtig, die während der Verschrottung dieses Baggers arbeitslos wurden. Sie hatten sehr schlechte Laune und ließen mich immer wieder im Regen stehn. Aber zum Schluss bauten wir das Wort zu Ende und hatten sogar eine Abschlußfeier. Etwas ist geblieben, die riesige Baggermaschine verschwand, aber ein großes Wort blieb. Und ja, auch wir alle werden bleiben, wenn wir kreativ sind und nicht jammern!" So gesehen, bekommen die rostigen Baggerteile, aus denen der Schriftzug besteht, eine weitere ehrliche Aussage, die das Kunstwerk aufwerten. Annett Glöckner weiter: "Ein Grund, dieses Wort zu bauen, war der Klang des Wortes. Ich habe ein Faible für Sprache. Und ich habe damals begonnen, große Arbeiten im öffentlichen Raum zu bauen - mit Teilnahme von Menschen, die nicht zum Feld der Kunst gehören und die ich inspiriere, mit mir gemeinsam ein Werk schaffen. So habe ich es bis heute gehalten."

Schriftzug Lacoma der Künstlerin Annett Glöckner, 10km südlich von Cottbus

Wer dann das Mahnmal im Kontext mit der Zeit in Verbindung bringt, erlebt die ganze Tragweite der Mahnung aus früherer Zeit (1993). Seitdem sind drei Jahrzehnte vergangen und es geht aktuell nicht mehr vordergründig um Verlust von Siedlungen und Landschften. Inzwischen geht es um Verlust des gewohnten Klimas, um Wasserknappheit und Schadstoffen in der Spree. Es geht letztendlich um das Überleben der Menschheit. Das klingt groß und pathetisch, ist aber leider realer geworden als uns lieb ist. 30 Jahre sind wir nicht auf solche Zeichen wie (bspw.) diesen Schriftzug Lakoma eingegangen, haben ihn nicht verstanden. 30 Jahre haben wir verpasst, uns zu ändern...

Was bleibt? oder War alles umsonst?

Solche Erlebnise, wie die Devastierung eines Dorfe samt seiner über hunderte Jahre gewachsene Natur und Sozialstrukturen zu dokumentieren, schlaucht, holt einen weg von der Sonnenseite des Lebens oder lässt einem gar verbittern. Oft habe ich mich gefragt was macht das für einen Sinn, wenn immer nur die Mächtigen gewinnen und die Menschen, die Demokratie leben wollen, immer leer ausgehen. Ein viertel Jahrhunder, also eine Generation nach meiner Dokumentation weiß ich um eine Autoindustrie , die sich vor jenen jungen Leuten fürchtet, die sagen: Man mus kein Auto mehr besitzen um es zu fahren. Das riesige Heer der (unnützen) Marketingexperten muss sich angesichts einer zunehmend aufgeweckten Jugend, immer öfter ratlos den Hinterkopf kratzen. Dabei sind diese Entwicklungen nicht weit weg - ich selber habe das bei meiner Tochter gesehen - am Beispiel Lakoma. Hier ihr Bericht... und der macht mich stolz:

Ein Tag in Lakoma der mein Leben veränderte Ich war 13 oder 14 als mein Vater eines Sommertages erzählte er führe in ein Künstlerdorf, um einen Tagebauprotest zu fotografieren. Tagebaue waren für mich Teil meiner Normalität – aufgewachsen in der Lausitz, im Braunkohlegebeit gehörten diese überdimensionierten Mondlandschaften in mein Heimatbild. Mit der Schulklasse machten wir mal einen Ausflug zu einer Kohleförderanlage – ein riesiges Gerät, vor dem ich vor allem Respekt hatte. Was ich bis zu diesem Sommertag noch nicht wusste, ist dass diese Mondlandschaften einst Dörfer waren in denen Menschen, Tiere und eine diverse Pflanzenwelt einen Ort zum Leben fanden. Ich bettelte meine fürsorgliche Mutter an mit zu dem Protest fahren zu dürfen – in der Frühpubertät ist Protest prinzipiell immer etwas gutes, ziemlich egal wogegen – Hauptsache dagegen. Mein Vater erklärte sich bereit mich mitzunehmen und die Verantwortung zu übernehmen. Die Angst meiner Mutter war komplett unbegründet. Dieser Sommertag in Lakoma war ein buntes Fest voller kreativer Gestalten und Freigeister. Es gab Musik, Lagerfeuer, viele bunt gekleidete Menschen und eine ausgelassene und dennoch kämpferische Stimmung. Schnitzereien und Steinskulpturen schmücken die Straßen dieses wunderschönen Ortes. Und dieser Ort sollte einer Mondlandschaft weichen? Für die Nutzung einer nicht zukunftsfähigen Ernergiequelle? Ich fing an diesem Sommertag an zu begreifen, dass es hier um Umweltzerstörung und unwiederbringlichen Verlust einer wundervollen Atmosphäre, eines Lebensraumes ging. An diesem Tag lernte ich ein paar tolle Menschen kennen, die ich in Zukunft wieder in Cottbus traf. Ich hatte das erste mal das Gefühl Teil von etwas großem zu sein. An diesem Sommertag in Lakoma wurde ich zu einer Umweltaktivistin. Damals noch nicht merklich, war es doch der Grundstein für meine spätere tiefere Auseinandersetzung mit verschiedensten Themen von Energieverbauch, Menschenrechten bis hin zu einer zukunftsfähigen Lebensmittelproduktion. Lakoma zeigte mir, dass es in unserer Gesellschaft Missstände gibt, gegen die wir nur vorgehen können wenn wir laut werden, wenn wir unser Missfallen zum Ausdruck bringen und gelebte Alternativen aufzeigen. Dies wurde das Motto meines Lebens. Lakoma ist mittlerweile, über 15 Jahre später, dem Erdboden gleich gemacht und auch zu einer Mondlandschaft geworden. Es macht mich wütend und traurig in einer Gesellschaft zu leben, in der billige, dreckige Energiegewinne über dem Interesse des Gemeinwohls stehen. Ich engagiere mich für Alternativen: arbeite in einer solidarischen Landwirtschaft, unterstütze Gemeinschaftsgärten als Orte der interkulturellen Begegnung, organisiere Workshops, die Alternativen zu unserer zerstörerischen Lebensweise aufzeigen, beziehe Ökostrom, besitze kein Auto, sondern ein Lastenrad, Nutze Ressourcen gemeinsam mit anderen Menschen, tausche, teile, repariere und wo nötig protestiere ich lautstark. Ohne Lakoma, ohne den Schmerz um dieses Dorf ganz in der Nähe meiner Heimatstadt, wäre ich vielleicht nie so aktiv geworden.

Dem kann ich nur hinzufügen: Lakoma lebt und wird immer größer!
Siehe auch Webseite von Leonhard Lenz aus Berlin.

Noch ein Sieg für die Landschafts-Bewahrer...
Dadurch, das es im letzten Moment gelugen war, die Lakomaer Teichlandschft durch die Europäische Union als FFH-Habitat einzustufen, bekam Vattenfall die verpflichtende Auflage, adäquate Ausgleichmaßnahmen durchzuführen. Das war neu und war das erste mal, das ein großer Konzern zu einer solchen Maßnahme gezwungen wurde. Von 2005 bis 2010 wurde das Vorhaben in der Spreeaue nördlich von Cottbus weitgehend erfolgreich umgesetzt.


Epilog
11.06.2022: 15 Jahre nach dem Lakoma von der Landkarte verschwand, trafen sich Aktivsten von damals und luden Cottbuser sowie Interessierte zu einem Lakoma-Fest ein.

Wanderung auf Höhe der ehemaligen Dorfstraße in Lakoma im Juni 2022. Rene Schuster und Helfer stellen eine alte Dorfansicht der gegenwärtigen Sicht gegenüber



Ergänzende Literatur:

Pläne für Spree-Renaturierung liegen schon in der Schublade Ingenieurbüro wartet auf Planfeststellungsbeschluss, Autor: Klaus Alschner, veröffentlicht: Lausitzer Rundschau vom 10.02.2005, Seite15
Brüssel gibt grünes Licht für Abbaggerung de Lakomaer Teiche / Spreeauen-Renaturierung als Ausgleich akzeptiert Ausführlicher Bericht über die letzten Genehmigungsverfahren für die Ausgleichsmaßnahmen Lakomaer Teichlandschaft, Autorin: Simone Wendler, veröffentlicht: Lausitzer Rundschau vom 27.11.2006, Seite 3
Kompensation der Beseitigung eines FFH-Gebietes - Am Beispiel des FFH-Gebiets Lakomaer Teiche, Autoren: Gerstgraser, C., Zank, H.Brandenburg. Naturschutz und Landschaftsplanung, 10 (2012).
Umsetzung und Wirkung naturschutzrechtlicher Kompensationsmaßnahmen in der Praxis. Autor: Gerstgraser, C. (2009). Beitrag zur Veranstaltung Rohstoffgewinnung und Naturschutz des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR), Cottbus 2008. Cottbuser Schriften zur Ökosystemgenese und Landschaftsentwicklung, 9(2009).
Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen für die Inanspruchnahme eines FFH-Gebietes durch den Braunkohletagebau Cottbus-Nord. Autoren: Gerstgraser, C., Arnold, I., Dingethal, H. (2008), veröffentlicht: Bergbau 08(2008)
Der lange Abschied von Lakoma, Bericht auf Niedelausitz-aktuell.de über einen Gedenkmarsch auf der Alten Poststraße am 06.07.2008.
Abschied von Lakoma, Bericht der Lausitzer Rundschau über den Gedenkmarsch im Juli 2008
Wenn die Heimat zur Verschiebemasse wird, Bericht im rbb vom 11.06.2014
Kampf um die Lakomaer Teichlandschaft, Umweltorganisationen protestieren gegen geplanten Braunkohleabbau, Bericht im Deutschlandfunk
Abbaggerung von Lakoma, EU verweigert Zustimmung, Bericht im Tagesspiegel vom 14.12.2006
Naturschützer protestieren gegen Abriss von Lakoma "Robin Wood" befestigte Transparent / Größte märkische Rotbauchunken-Population gefährdet, Bericht in den Potsdamer neuesten Nachrichten vom 08.10.2003
Bergrecht hilft Vattenfall Enteignung bei Lakoma, Bericht im Klimaretter.info vom 03.04.2013
Die Grüne Liga gibt den Kampf um die Lakomaer Teiche auf Bericht in Die Sächsische vom 04.09.2007
"Viel Holz für einen", Ralf Röhr hat in Lakoma ein Holzhaus errichtet, um das sorbische Dorf vorm Braunkohletagebau zu retten. Für das umgesiedelte Neu-Horno baut er einen Drachen, im Auftrag des Stromkonzerns, in TAZ vom 22.09.2003
Letzte Hoffnung Rotbauchunke, taz-Serie "Gelebte Utopien" (Teil 5): Zu DDR-Zeiten sollte Lakoma dem Tagebau weichen. Die Menschen wurden umgesiedelt. Nach 1989 schien der Ort in der Niederlausitz gerettet. Junge Leute kamen, mit Utopien vom Leben im Einklang mit der Natur. Jetzt kämpfen sie wieder gegen die Kohlebagger, in TAZ vom 14.08.2004
Die letzten Lakoma-Häuser fallen Kurz nach acht. Die Polizei ist schon da. Die Beamten warten bei ihren Wagen an der Abfahrt von der B 97 nach Lakoma. Weiter hinten sind ein paar Giebel zu sehen, die Reste des früheren Dorfes, dessen Einwohner schon zu DDR-Zeiten umgesiedelt wurden, in Lausitzer Rundschau vom 02.07.2005
Neuues Bett für einen alten Strom - der Hammerstrom, Faltblatt der LAUBAG vom Juni 1997
Chronologie des Kampfes um Lakoma, Presseveröffentlichung von Robin Wood, 2007
Regenerative Energien statt der Braunkohle / Zum 4. Dorffest in Lakoma wird auch Cottbuser Oberbürgermeister Waldemar Kleinschmidt erwartet / in Lausitzer Rundschau, 18.06.1994, S.IV
Das "Dorf" am Hammergraben neu besiedeln Lakoma-Verein möchte Tradition fortsetzen, Der Gemeinde ein Stück sorbischer Geschichte verbinden, in Lausitzer Rundschau, 18.06.1994, S.IV
Der steinige Weg zum Kompromiß Rundschau-Forum "Kohle und Energie um jeden Preis" - Ende der Sprachlosigkeit zwischen Laubag und Horno im Bereich des Möglichen, in Lausitzer Rundschau, 29.04.1994, S.3
Zu den Themen Kohle und Energie sowie Klima und Arbeitsplätze kommentar von Klaus Muche, Sprecher des Kreisverbandes Cottbus von Bündnis 90/Die Grünen, in Lausitzer Rundschau, 29.04.1994, S.14
Lacoma-Fest erinnert an Kampf gegen Abbaggerung Lausitzer Rundschau, 09.06.2022, S.13

 

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